Freitag, 26. Juni 2009

Wie neutral muss ein Magazin berichten?

Liebe Leser,

PC Games und PCGames.de erhalten von ihren Lesern in Umfragen und Leserbriefen Attribute wie „seriös“, „aktuell“ und „kompetent“. Dafür möchten wir uns natürlich bedanken! Selbstverständlich sind nicht alle User dieser Ansicht, einige kritisieren uns auch, bisweilen heftig. Das ist auch gut so, denn nur wenn wir wissen, was Ihnen nicht gefällt, können wir besser werden. Auch dafür vielen Dank! Selten kommt es vor, dass wir Ihre Kritik nicht umsetzen können, noch seltener nicht wollen. Ein Beispiel für „nicht wollen“ sind die so genannten Killerspiele, Verbotsforderungen und Indizierungsanträge gegen ausländische Spieleversender. Hier wollen wir nicht neutral sein, hier wollen – nein, müssen - wir ganz klar Stellung beziehen!

Als Print- und Online-Magazine berichten wir über unser gemeinsames Hobby PC- und Videospiele sowie das Drumherum, von Hardware über Messen bis hin zu Basteleien von Fans und die Spieleindustrie. Dabei lassen wir uns vorrangig von unseren Lesern leiten, was die Themenauswahl betrifft. Klar, wir wollen ja, dass unsere Artikel gelesen und kommentiert werden. Unsere Aufgabe als Redaktion ist die möglichst gute Aufbereitung dieser für Sie spannenden Themen.

Anders gehen wir bei Themen vor, die aus unserer Sicht außerhalb der Spielebranche besonders wichtig sind. Beispiel Indizierung ausländischer Online-Shops: Auf unseren Webseiten berichteten wir über die Indizierungsanträge der bayerischen Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) gegen österreichische Versandhändler. Dabei informierten wir unsere Leser sowohl über die Ansichten der betroffenen Shop-Betreiber als auch über die Motivation der KJM. So weit, so gut, so positiv Ihre Resonanz darauf in den vielen Kommentaren zu den Artikeln. Manche Leser warfen uns allerdings fehlende Neutralität vor, da wir immer wieder in den Artikeln auch unsere Meinung einbrachten. Unsere Meinung ist in diesem Zusammenhang klar und deutlich: Indizierungsanträge gegen einzelne ausländische Webseiten sind Blödsinn, nützen dem aus unserer Sicht nötigen Jugendschutz wenig bis gar nichts und zeugen nicht gerade von Kompetenz auf Behördenseite.

Dürfen wir uns so klar positionieren? Manche User meinen Nein – als seriöse Webseite hätten wir neutral und sachlich zu informieren.

Dem widerspreche ich. Neutral und sachlich berichten wir über neutrale und sachliche Themen. Aber schon Spieletests können und dürfen nicht neutral und sachlich gehalten sein, weil Spiele bekanntlich sehr emotional sind. Hier müssen Emotionen rein, muss die Leidenschaft des Spielers/Spieletesters greifbar werden. Gleiches gilt auch für ein so emotionales Thema wie so unsäglich und falsch bezeichneten „Killerspiele“. In dieser Diskussion werden wir nicht neutral bleiben, sondern im Interesse unseres Hobbys und damit unserer Leser handeln. Wir beziehen ebenso Stellung wie der ADAC, der sich unter anderem in seiner Mitgliederzeitschrift gegen Tempolimits und für eine Senkung der Ökosteuer engagiert. Wenn Behörden und Politiker sich mit Halbwissen und hanebüchenen Plänen gegen unser Hobby stark machen, müssen wir mit unseren Mitteln dagegen halten. Dazu gehören auch Aktionen wie „Ich wähle keine Spielekiller“, wie meine geschätzte Kollegin Petra Fröhlich bereits vergangenes Jahr deutlich machte.

Dazu gehört auch, dass wir klar gegen eine Indizierung von ausländischen Onlineshops eintreten. Jugendschutz ist uns wichtig, daher halten wir eine passende Altersabfrage für deutsche Kunden auch bei österreichischen Spiele-Versendern für sinnvoll und notwendig. Indizierte Spiele dürfen nicht von Minderjährigen gekauft werden. Selbst wenn das nach österreichischem Recht kein Problem ist. Aber ein Antrag, die österreichische Domain von Deutschland aus zu sperren, halten wir für reine Schikane – denn auch volljährige Spieler sind betroffen. Hier macht man es sich zu einfach, will das vermeintliche Übel einfach „verbieten“. Ja, eine Indizierung ist kein Verbot, das ist uns bewusst. Aber es wirkt wie ein Verbot. Es ist ein emotionales Thema. Es ist eine lästige aber umgehbare Hürde, keine sinnvolle Lösung. Wir sind der Meinung, dass Politik und Behörden in der Verantwortung sind, gute Lösungen zu entwickeln und nicht in blinden Aktionismus zu verfallen. Ähnlich wie wir regt sich der ADAC über Forderungen nach neuen Tempolimits auf, wenn ein Raser einen schlimmen Unfall verursacht hat. Wir sind sicher nicht der ADAC, aber wir vertreten Ihr und unser Hobby nach außen. Und das tun wir mitunter durch das Beziehen von klaren Positionen.


Herzliche Grüße,

Florian Stangl
Chefredakteur Games Group Online

2 Kommentare:

  1. Das mit dem blinden Aktionismus sehe ich genau so. Wenn unsere ach so "kompetenten" Politiker mal mehr nachdenken, als handeln würden, gäb es vielleicht eine Chance auf "gute" Gesetze. So aber habe ich eher Angst das wir im Internet bald Chinesische Verhältnisse haben. Der Staat bestimmt was man sehen darf. Eventuell kann man ja dann auch noch die Presse ausschalten die über so etwas unerhörtes berichtet. Warten wir ab was noch so an Geistigen Ergüssen aus dem Freistaat kommt, und hoffen das diese Befürchtungen nie Wahr werden.
    Ein nicht mehr ganz so junger User der sich so seine Gedanken macht. Torsten

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  2. Weise Worte. Da würd ich bedenkenlos meinen Stempel drunter machen. Ich hoffe sehr das dieses Jahr eine Regierung mit mehr Verstand in unserem Land gewählt wird. Es gibt ja zum Glück noch einige Politiker die den Unfug erkennen und nicht blind alles verbieten wollen.

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